Die Lunarbuchstaben in den Kalendarien des Mittelalters.163

9. Kalendarium saec. XII im Cod. Vindob. 1226, zweifelhafter Herkunft 1), mit doppelten Lunarbuchstaben für die periodischen und synodischen Monde.

10. Kalendarium saec. XII vor einem Weingartner Psalterium in der k. Privatbibliothek zu Stuttgart 2) mit dem System der 59 Buchstaben.

11. Kalendarium Salisburgense saec. XIV im Cod. Vindob. 434. In den meisten Monaten nehmen die 59 Buchstaben die dritte Längenzeile ein, im Februar sind sie unrichtig angesetzt; Juli und August sind aus anderer Vorlage abgeschrieben und enthalten acht verschiedene auf die Zeitrechnung bezügliche Buchstabenreihen, als siebente die der synodischen, als achte die der periodischen Monate. Neben jedem solaren Monat befindet sich der entsprechende Mondmonat für 19 Jahre, in ähnlicher Weise wie in dem Salzburger Kalender von ca. 809. Endlich mehrere Tafeln für die Berechnung der Feste aus den Lunarbuchstaben.

Diese den verschiedenen Jahrhunderten entnommenen Beispiele beweisen zur Genüge, wie verbreitet die Kalendereinrichtung, von der ich hier handle, gewesen ist. Aber ebenso wie man in einzelnen Fällen die für den täglichen Bedarf noch wichtigeren Ferialbuchstaben in dem Monatskalender ausließ, gibt es eine Menge von Kalendarien, welche die Einrichtung der Lunarbuchstaben nicht berücksichtigen, wie das von Pipur edierte Kal. Karl's d. G.von 781; das Kal. Petershusanum saec. IX in Gerbert mon. lit. Alem. 1, 478; das Kal. eccl. cathedr. Florent. saec. IX in Ximenes del gnomone Fior. 119 3); das Kal. Lucense und das Kal. S. Floridi in Donati de' dittici degli aritichi 257, 273 - oder falls man annehmen wollte, dass nur die Herausgeber, wie es Gerbert bei dem Augiense getan, die Lunarbuchstaben ausgelassen haben, wird man in jeder Bibliothek handschriftliche Exemplare ohne diese Einrichtung finden.

Ich gehe nun zu der mannigfaltigen Anwendung der Lunarbuchstaben über und knüpfe zunächst an die beistehende Tafel aus dem Kalender von St. Germain d'Auxerre an.


1) Zu der Beschreibung bei Denis 1, 70 lässt sich noch hinzufügen, dass auf dein innern Deckel steht: "iste liber pertinet ecclesie ssancti Pauli...", der Ortsname ausradiert.
2) Ich glaube dass es derselbe Codex ist, von dem im Archiv 4, 308 die Rede ist.
3) Es bedarf wohl hier keines ausführlichen Beweises dafür, dass das von dem Herausgeber mit ergötzlichem Unverstand behauptete Abfassungsjahr 813 ganz unhaltbar ist, und dass damit alle aus den Angaben des Kalenders gezogenen Folgerungen in nichts zerfallen.