Die Lunarbuchstaben in den Kalendarien des Mittelalters.161

Es handelt sich also darum, ob diese Handschrift als Autograph angesehen werden kann, und dafür spricht nun, dass die mannigfaltigen und sehr ausführlichen Zeittafeln, welche dem theoretischen Teile beigefügt sind, in den Ziffern sehr korrekt sind und wohl nur von einem geübten Computisten so fehlerfrei angelegt werden konnten. Von diesen Zeittafeln sind hier zu erwähnen: ein "Martirologi um excarpsatum cum alphabetis ad lunam in veniendam", in welchem die erste Längenzeile die Ferialziffern I - VII, die zweite ein später zu erläuterndes Buchstabensystem zur Berechnung der periodischen Mondumläufe, die dritte die 59 Lunarbuchstaben , genau nach Beda's Anweisung teils nackt, teils oben, teils unten punktiert, enthält; das Martyrologium selbst, welches schon für jeden Tag mindestens einen Namen, alle Namen aber nach strenger Auswahl aufführt, verdient eine eingehende Vergleichung. Ferner die Ostertafeln für 1 ante Chr. bis 1063 post Chr. (cf. Pertz a. a. O.), in welchem 817 - 892 die gemeinen und embolistischen Mondjahre verzeichnet sind, was gleichfalls für eine Abfassung um 817 spricht. Zum Schlüsse "cyclus hic est lunaris qualiter luna in circulodecennovali singulis annisvel mensibus sive diebus currit", d. h. ein alle Tage umfassender Mondkalender für 19 Jahre, in dem auch alle Regeln der Mondzeitrechnung eingetragen und alle Abweichungen der verschiedenen Arten die Luna zu berechnen vermerkt sind.

4. Kal. Corbeiense um 826, in d'Achéry spicil., ed. n. 2, 64 mit der Aufschrift: "incipit ordo solaris anni cum litteris a sancto Hieronymo superpositis ad explorandam septimanae diem et lunae aetatem investigandam in uno quoque die per XIX. annos" 1): in erster Längenreihe die Ferial-, in zweiter die 59 Lunarbuchstaben.

5. Kal. S. Germani Autissiodorensis. Dasselbe habe ich vor Kurzem in einer Melker Handschrift, die als Beda saec. X. bezeichnet wurde, entdeckt. Die Handschrift enthält allerdings von Beda de natura rerum, de temporibus (beide saec. IX inc.), ferner de temporum ratione saec. IX, alle diese Schriften mit zahlreichen, halb in tironischen Noten geschriebenen Glossen versehen.


1) Auch in einem Computus von 1143 (Cod. Vindoli. 275) wird die Einrichtung der Lunarbuchstaben Hieronymus zugeschrieben.