90Kaltenbrunner.[572]

Das Breve (dat. Rom 16. / 6. März 1603) gesteht selbst zu, dass in dem Kalender Fehler vorkommen, da eben eine zyklische Rechnung nicht frei davon sein könne; aber es komme dies im Gregorianischen Kalender seltener vor, als in allen andern. Als Grund zur Abfassung des Werkes des Clavius werden die unerhörten Angriffe, die der Kalender erfahren, bezeichnet und ausdrücklich wird hier Vieta hervorgehoben, dessen Kalender durch die charakteristischen Merkmale gekennzeichnet und verboten wird.

Mit diesem großen Werke hatte Clavius, der schon im hohen Alter stand, seine Lebensaufgabe erfüllt. 25 Jahre lang hatte er sich der Kalenderfrage gewidmet; aber auch jetzt noch glaubte er sich keine Ruhe gönnen zu können. Wir haben gesehen, wie er nochmals die Feder gegen Scaliger ergriff, und kaum war diese Schrift fertig, so ereilte ihn die Kunde von einem neuen Angriff, nämlich von Georgius Germanus. Jetzt aber stimmt Clavius seinen Schwanengesang an. [1] Er klagt, dass er — der Greis — von Arbeit zu Arbeit geschleppt werde, um die Belagerungsmaschinen, die immer und immer wieder von neuem gegen seine feste Burg aufgeführt werden, zu erschüttern und zu zertrümmern. Zu Germanus übergehend sagt er diesem, dass es ihm wenig fromme, wenn er von ihm als der beste Mathematiker seiner Zeit bezeichnet werde; wollte er mit diesem Lobspruch das beigebrachte Gift versüßen, so möge er wissen, dass dies für ihn, den alten Mann, wertlos sei; er schäle den Kern hervor, und dieser sei, dass ihm abermals ein Gegner erwachsen sei, und noch dazu ein angeblicher Katholike, den das neuerliche päpstliche Verbot hätte abhalten sollen, gegen den Kalender zu schreiben; übrigens bezweifelt Clavius den Katholizismus des Germanus, da derselbe sein Buch dem David Origanus gewidmet hatte. Was nun die sachliche Erwiderung anbelangt, so ist in den meisten Punkten Clavius glücklich, nur hätte er es unterlassen sollen, dem Kalender des Germanus falsche Osteransätze nachzuweisen, nachdem er wie in allen seinen Schriften so auch hier wieder betont hatte, dass gewisse Fehler sich durchaus nicht vermeiden lassen.


1 Confutatio Kalendarii Georgii Germani Wartenbergenis,Borussi. Mainz. 1610. (auch im 5. Band der Opera mit separater Paginierung).