[571]Die Polemik über die Gregorianische Kalenderreform.89

wie also konnte er gewollt haben, dass die Epoche auf den 8. März gesetzt werde! Damit geht Clavius auf die sachliche Widerlegung über. Zunächst schickt er die schon oft getane Äußerung, respektive das Zugeständnis voraus, dass jeder zyklischen Rechnung ähnliche Unregelmäßigkeiten, wie sie Vieta dargestellt, anhaften müssen. Daher lässt Clavius auch einige Punkte des Vieta zu Recht bestehen und erwidert nur damit, dass er entweder in Vietas Kalender ähnliche Fehler nachweist, oder betont, dass bereits im alten Mondzyklus dasselbe eingetreten sei. Dazu gehören das Eintreten von einunddreißigtägigen Mondmonaten in bissextilen Jahren und die daraus folgenden Fehler der Osterfeier. Andere aber lässt er nicht gelten und zwar mit Recht, so den Punkt 2 und 3, wo in der Tat Vieta äußerst sophistisch vorgegangen war, und Punkt 8 und 9, bezüglich der Unnahbarkeit des dreihunderttausendjährigen Zyklus, wo Clavius sich darauf beruft, dass dies ja keine Bedeutung mehr habe, nachdem man in Rom selbst denselben hatte fallen lassen. [1]

Ehe wir von der Explicatio scheiden, müssen wir noch der an ihre Spitze gestellten Kundgebung von Seite des Papstes Clemens VIII. gedenken.


1 Mit dieser Entgegnung hatte Clavius mit Vieta abgeschlossen, aber dieser gab sich mit seinem ersten Angriffe nicht zufrieden, sondern veröffentlichte noch die "Expostulatio adversus Chr. Clavium". Ob er dabei schon die Entgegnung desselben gekannt hat, ist sehr zweifelhaft. Zunächst bin ich nicht in der Lage, das Jahr des Erscheinens dieser zweiten Schrift anzugeben, da ich sie nur in einer Entgegnung des Laurentius Castellani kenne; Vieta selbst sagt allerdings, er habe nur gehört, dass Clavius in mehreren Briefen von einer beabsichtigten Entgegnung gesprochen habe. Durch diese Äußerung des Clavius mag er bewogen worden sein, nochmals die Feder zur Hand zu nehmen; die Schrift ist nur sehr wenig sachlich, strotzt aber dafür umso mehr von groben Ausfällen gegen den Gegner, die darin gipfeln, dass Vieta den Vätern der Gesellschaft Jesu rät, sie möchten doch den Clavius von ferneren Arbeiten über den Kalender abhalten, denn er mache ihrem Orden nur Schande. Die Verteidigung des Clavius unternehmen zwei Schüler — Theodosius Rubeus und Laurentius Castellani, der Natur des Angriffs gemäß in höchst beleidigenden Ausdrücken gegen Vieta. (1. Admonitio pro Chr. Clavio adversus Fr. Vietae Expostulationem. 2. Responsio ad Expostulationem Fr. Vietae adversus Chr. Clavium im 5. Bande der Opera Clavii.) Der letztere hatte sich dabei die Form der Refutatio Elenchi et Castigationis J. Scaligeri von Clavius zum Muster genommen, und nur daraus kennen wir diese Schrift Vietas.