[559]Die Polemik über die Gregorianische Kalenderreform.77

Da Germanus direkt an die Apologie des Clavius anknüpft, so kann man ihm hiebei schon zum Vorwurf machen, dass er gewichtige Argumente des Gegners hiebei übersieht. Was die Regelung des Sonnenjahres anbelangt, so vergisst er, dass Clavius den Prutenischen Tafeln durchaus keine absolute Richtigkeit beimisst, er tut dies aber, und hat hiebei allerdings ein leichtes Spiel, indem er — diese Tafeln zur Hand nehmend — einfach jene centenaren Jahre zu Gemeinjahren erklärt, in welchen der Überschuss der Julianischen Jahre über die Kopernikanischen wieder mehr als 1 Tag beträgt. Auf diese Weise will er es verhindern, dass das Äquinoktium vernum über den 21. März hinausfällt, dass es auch unter diesen Tag eintritt zu verhindern, hält sich auch er für unfähig. Im Mondzyklus will er den "verbannten" Numerus aureus wieder zu Ehren bringen, da aber auch er die Absicht hat, einen immerwährenden Kalender herzustellen und daneben doch berücksichtigen muss, dass sich dann die Stellenwerte der Numeri aurei ändern müssen, so erweitert er die 19 Zahlen auf 30 und zwar so, dass er jedes Mal zwischen 2 um zwei Tage von einander abstehenden Numeris die um 19 größere Zahl schiebt. Das arithmetische Verhältnis der dem julianischen Kalender eingeschriebenen Numeri aurei bringt es mit sich, dass der höher stehende stets um 11 größer oder um 11 - 19, d. i. um 8 kleiner ist als der ihm zunächst stehende, und zwar ergibt sich die letztere Differenz da, wo ein unbesetzter Tag zwischen zwei Numeris aureis liegt. Indem nun Germanus zu diesen unbesetzten Tagen Zahlen einschiebt, die um 19 größer sind, als der jedesmalige obere numerus aureus, so sind dieselben um 19 - 8, d. i. um 11 größer als die unten stehenden numeri, und so erhält er eine Zahlenreihe, die, solange es geht, um 19 steigt und dann eben solange um 11 fällt. [1] Natürlich müssen nun die Numeri aurei einen Läuterungsprozess durchmachen, um als "numeri aurei aequati" für die verschiedenen Äquationsperioden die Neumondstage bezeichnen zu können.


1 Bei dieser Manipulation kommt Germanus nicht über 30 hinaus. Denn im Falle, dass unten der höchste Numerus aureus d. i. 19 steht, erscheint oben nach dem erst zu besetzenden Tage 19 - 8 = 11; daher ist die einzuschiebende Zahl 11 + 19 = 30.