[553]Die Polemik über die Gregorianische Kalenderreform.71

denn wahrlich, man konnte es ihm doch nicht zum Vorwurfe machen, dass er nicht ganz das Gleiche ausdachte, was dem Lilio eingefallen war; höchstens konnte es Petavius übel vermerken, dass Scaliger später im achten Buche seine noch unabhängig von Lilio aufgestellten Methoden für besser hält als die Gregorianische. Aber in seinen späteren Schriften kommt Scaliger nicht mehr auf diese Vorschläge zurück, wir können also darin keine Bekämpfung des Gregorianischen Kalenders sehen, und müssen daher die hier aufgestellten Methoden, als außerhalb des Rahmens unserer Betrachtung stehend, auffassen.

Zudem steht ja Scaliger auf demselben Prinzipe, denn er will sowohl die zyklische Rechnung beibehalten als auch den Kalender auf den Stand des Nizänischen Konzils zurückführen. Am Ende seines Werkes aber — im achten Buche — kommt Scaliger kurz auf die "Liliosche Reform" zu sprechen. Nur in Form eines Nachtrags erscheinen diese zwei kurzen Abschnitte, von denen der eine die Korrektur des Sonnenjahres, der andere den Epaktenzyklus behandelt. Bei ersterer tadelt Scaliger, dass die Auslassung der bissexti an die centenaren Jahre geknüpft sei, er will sie in der vierhundertjährigen Periode nach zweimal 132 und dann nach 136 Jahren eintreten lassen, denn nur dies entspreche den Himmelsbewegungen. Aus gleichem Grunde findet Scaliger die Epakten-Äquation in den centenaren Jahren für unlogisch, denn nur in Vielfachen von 19 könne dieselbe vorgenommen werden. Auf die Einrichtung des immerwährenden Kalenders, sowie auf andere Details lässt sich Scaliger nicht ein, da er sicher ist, dass die Gelehrten seinen beiden vorgeschlagenen Reform-Methoden unbedingt den Vorzug vor der Lilioschen geben werden. Jedoch wird dies alles ruhig und in gemessenem Tone gesagt, gleichsam als ob der neue Kalender nichts weiter wäre als eine literarische Novität; nicht in einem Worte lässt sich die Absicht erkennen, als wollte Scaliger von der Annahme des päpstlichen Werkes abraten. [1]


1 Über die Wirkung, welche trotzdem dieser Angriff Scaligers hervorbrachte (oder hervorgebracht haben soll), vgl. J. Bernays, J. J. Scaliger, Berlin 1855 pag. 167. Scaliger agitierte nach Bernays gleich darauf namentlich bei der Genfer Geistlichkeit gegen die Annahme des Kalenders.