[545]Die Polemik über die Gregorianische Kalenderreform.63

Im selben Jahre, in welchem Maestlin seine Defensio alterius examinis herausgab, erschien endlich von Rom aus eine Erwiderung und zwar von Christof Clavius, der schon bisher die Seele des Unternehmens gewesen war und der von nun an unermüdlich tätig ist, seine Schöpfung zu verteidigen. [1] Wie schon Possevinus angekündigt hatte, ist die Schrift direkt gegen Maestlin gerichtet, merkwürdigerweise aber nicht dem Papste, sondern dem Kaiser gewidmet. In der Vorrede setzt Clavius die Gründe hiefür auseinander; der Kaiser als Schirmvogt der Kirche müsse, klar sehen, ob das von ihm unterstützte Kalenderwerk aufrichtigen Grundlagen aufgebaut sei oder nicht; ihm müsse ein Buch, das für die Ehre der Kirche kämpft, gewidmet werden. Die Erwiderung gegen Maestlin betrifft nur das Alterum Examen, ausdrücklich sagt Clavius, dass ihm die deutsche Schrift desselben nicht zu Gesicht gekommen sei, und wie wir aus der Tendenz und Haltung des Clavius annehmen können, wäre er auf dieselbe gar nicht eingegangen, denn ihm, dem Jesuiten, stand es ja fest, dass der Papst das Recht habe, derlei Werke für die Christenheit zu unternehmen; ausdrücklich sagt er auch, er wolle alle Schmähungen gegen den Papst unerwidert lassen, obwohl es ihm schon daraus ein leichtes wäre zu beweisen, dass Maestlin seinen Angriff nicht aus Wahrheitsliebe und Sorge für das öffentliche Wohl sondern lediglich aus Hass gegen Rom unternommen habe. Also nur auf das Sachliche ist sein Blick gerichtet, und da spitzt sich nun die ganze Frage auf die Behauptung Maestlins zu, dass der Kalender durchaus nicht mit den Himmelsbewegungen übereinstimme,


1 Ich bin genötigt, schon hier die Schrift des Clavius anzuführen, ehe ich mit der Darlegung der weiteren mathematischen Gegenschriften fortfahren kann; denn die meisten derselben nehmen schon auf sie Bezug und so würde eine Darlegung derselben ohne ihre Kenntnis sehr erschwert werden. Sie führt den Titel: Novi Calendarii Romani Apologia adversus Michaelem Maestlinum Göppingensem in Tübingensi Academia Mathematicum tribus libris explicata. Rom 1588. (Wiederholt im V. Bande der Opera Clavii. Mainz 1612, mit Hinweglassung des dritten Teils.)