[525]Die Polemik über die Gregorianische Kalenderreform.43

Auch Heerbrand erkennt, dass der Papst durch sein Kalenderwerk neuerdings bewiesen habe, dass er der Antichrist sei. Die Begründung hiefür nimmt er aus der Prophezeiung' Daniels, wo von ihm gesagt wird "putabit se posse mutare tempora". [1] Es ist daher auch für ihn eine ausgemachte Sache, dass hinter dem Kalender böse Pläne versteckt sind; er vergleicht den Papst mit dem Wolfe, der heulend die Hürden der Lämmer umkreist, den Kalender mit dem trojanischen Pferd, das, würde es in die evangelische Kirche gebracht werden, bald seinen verhängnisvollen Inhalt päpstlicher Knechtschaft und Abgötterei entleeren und namenlosen Jammer über die Getreuen Gottes bringen würde. Denn zum Zwecke des Götzendienstes ist doch der Kalender gemacht, denn in der Bulle gibt Gregor ausdrücklich an, dass die Gedächtnisstage der Heiligen wieder richtig gestellt werden sollen. Interessant und neu ist es nun, dass Heerbrand die Frage des Adiaphoron herbeizieht. [2] Luther im Buche "von den Concilien" und die Apologie der Augsburger Konfession hatten die Festfeier — Ostern mit inbegriffen — als für den Glauben gleichgültig hingestellt und etwaige Änderungen als zur Kompetenz der weltlichen Obrigkeit gehörig erklärt. Indem Heerbrand nun zu erweisen sucht, dass die jetzige Frage kein Adiaphoron sei, fühlt er sich veranlasst, diese beiden Aussprüche zu umgehen. Luther hatte zu klar gesprochen, als dass sich da etwas deuteln lies. Heerbrand greift daher einen andern Satz desselben heraus, nämlich, dass man in Bezug auf "an sich gleichgültige Dinge" äußerst vorsichtig sein müsse, damit nicht etwa unter dem Vorwande der weltlichen Sache die christliche Freiheit beeinträchtigt werde. In dieser Lage aber befindet sich nach Heerbrands Ansicht die evangelische Kirche in der Kalenderfrage. Denn wenn auch von der weltlichen Obrigkeit der Kalender publiziert wurde, so geschah dies — man mag es nun noch so leugnen — auf Antrieb des Papstes,


1 Daniel 7, 25.
1 Vgl. über Begriff und Geschichte des Adiaphoron in der evangelischen Kirche; Herzog, Real-Encyclopaedie. I. 126.