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nämlich von dem Görlitzer Patrizier Bartholomäus Scultetus in dem an den Kaiser gerichteten Kalendarium Romanum, [1] das mir leider weder in Wien noch in Berlin zugänglich war.

Alle diese bisher betrachteten Schriften sind mehr oder weniger in die Form von Gutachten gebracht und als solche entweder an die Nation oder an einzelne Fürsten gerichtet. Sie hatten denn auch den von ihren Verfassern gewünschten Erfolg: aller Orten machte sich Opposition bemerkbar, die sich in Steiermark, namentlich aber in Augsburg zu bedenklichen Tumulten steigerte. Gerade um den Kalenderstreit zu Augsburg drehen sich nun mehrere Schriften, die meist außerhalb des Rahmens dieser Betrachtung gehören, da sie nur die an denselben geknüpften rechtlichen Fragen behandeln. Aber einer Schrift müssen wir noch Aufmerksamkeit schenken, da sie an einer bedeutenden Universität entstand und den Anstoß zu einer ausführlichen Widerlegung von katholischer Seite gab. Der Tübinger Professor Jakobus Heerbrandus fand sich veranlasst, die renitenten Prediger von Augsburg zum Ausharren im Widerstand gegen ihre Obrigkeit zu ermuntern, und stellte zu dem Behufe Thesen über die Kalenderfrage auf. [2]


1 Dieses Kalendarium Romanum muss eine ausführliche Begründung und Verteidigung der Gregorianischen Reform als Einleitung haben.Wir erfahren dies sowohl aus der später zu besprechenden Schrift des Protestanten Schulin als auch aus der Moscovia des Jesuiten Possevinus. Letzterer, welcher darauf großes Gewicht legt, erzählt auch, dass Scultetus eine zweite derartige Schrift zur Herausgabe vorbereite, in welche er auch Einblick erhalten habe. Eine Stelle teilt Possevinus daraus mit, — Scultetus bedauert darin, dass man eine an sich gute Sache aus Hass gegen ihren Urheber bekämpfe, das Licht der Finsternis vorziehe u. s. f. — Ob diese Arbeit jemals gedruckt wurde, vermag ich nicht anzugeben. Gewiss wurde das Kalendarium veröffentlicht, aber trotz seiner versöhnlichen Haltung in Österreich vom Kaiser verboten. Es geschah dies auf Antrag des Dr. Paulus Fabricius und zwar deshalb, weil Scultetus neben dem alten und neuen Kalender eine dritte Form aufgestellt hatte, in welcher 1585 ein Schaltjahr sein sollte. Fabricius, der gerade über diese Frage ein Gutachten an den Kaiser abgab, beantragte diese Maßregel, weil er fürchtete, es konnte der Kalender des Scultetus Verwirrung anstiften. Überhaupt beschäftigte sich die damals in Blüte kommende Bücherzensur auch mit den Kalendern (vgl. Wiedemann, Die kirchliche Bücherzensur in der Erzdiözese Wien. Archiv f. österr. Gesch. L. 1.).
2 Disputatio de Adiaphoris et calendario Gregoriano. Tübingen 1584. Mit einer Vorrede an die Doctoren, Pastoren und Diakonen von Augsburg. In Folge dieser wurde Heerbrands Schrift vom Augsburger Rate verboten. (Brief des Joh. Maior an Tycho de Brahe. Cod. Vindob. 1068666 fol. 75b.)