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Diesen Rat nun befolgte der Kaiser wohl nicht, sondern er datiert seine Briefe vom 7. / 17. Jänner 1584 an nach neuem Stil; aber er tat auch fernerhin nichts mehr in dieser Frage bis zum Jahre 1603, wo Erzherzog Mathias am Reichstage zu Regensburg in seinem Auftrage die Stände zu einer Vergleichung aufforderte. Die Delegierten der protestantischen Stände aber erklärten, hiefür keine Instruktionen zu besitzen, [1] und so blieb die Sache beim Alten bis zum Jahre 1699, wo wenigstens eine teilweise Einigung erzielt wurde. [2]

Ich habe bei der Darstellung der Schicksale des Kalenders vor dem Forum der Reichsfürsten mehrmals des Einflusses zu erwähnen gehabt, den Schriften von protestantischen Gelehrten auf ihre Entschließungen ausübten. Ich gehe nun zur Besprechung derselben über. Den Reigen eröffnet jenes Gutachten, auf das sich der Pfalzgraf bei Rhein dem Kaiser gegenüber beruft, und das in seinem Auftrage von dem Professor der Mathematik in Heidelberg — Michael Maestlin — abgefasst ist.

Maestlin teilt seine Arbeit, [3] abgesehen von der langatmigen Einleitung in drei Teile. Im ersten handelt er über die Notwendigkeit der Reform: es klingt nun in dem Munde eines Astronomen — Maestlin ist der Lehrer Keplers — der zudem sich über die Bestrebungen der früheren Jahrhunderte nach Kalenderreform sehr gut unterrichtet erweist, befremdlich, wenn er deren Berechtigung und Notwendigkeit überhaupt bestreitet. Für den "Gemeinen Mann" und den Gelehrten sei sie überflüssig,


1 Die Reichstag-Akten des Jahres 1603 aus dem Kur-Mainzischen Archiv, denen ich diese Notiz entnehme, befinden sich merkwürdiger Weise im Linzer Landes-Archive.
2 Über die weiteren Schicksale des Kalenders im 17. und 18. Jahrhunderte hat Piper in der Geschichte des Osterfestes nach der Gregorianischen Kalenderreform gehandelt.
3 Die Schrift führt den Titel: Ausführlicher Bericht von dem allgemeinen Kalender oder Jahrrechnung wie sie erstlich angestellt worden und was Irthumb allgemächlich dryn seyen eingeschlichen; item ob und wie dieselbige zu verbessern weren; sampt Erklärung der newlichen aussgegan-genen Reformation von Bapst Gregorio XIII. und was davon zu halten sey. — Zuerst gedruckt 1583 von Jakob Müller zu Heidelberg; dann wiederholt in einem bei Johann Spies in Heidelberg 1584 gedruckten Buche, das außerdem noch andere derartige Gutachten von protestantischen Gelehrten enthält. Ich zitiere dasselbe im folgenden als "Heidelberger Sammelband".