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Dies aber geschah nicht, selbst nicht in Nieder- und Oberösterreich, wo das Patent vom 1. / 11. Oktober in Kraft bestehen blieb, wenn es auch, wie aus mehreren Briefen des Erzherzogs Ernst hervorgeht, durchaus nicht allgemein befolgt wurde. Der Stein des Anstoßes war jetzt durch die Erklärung der böhmischen Stände beseitigt, und nun verfasste man in der kaiserlichen Kanzlei ein zweites Schreiben, (d. d. 18. / 28. Dez.), worin neben Angabe des Grundes der Verzögerung die Auslassung der 10 Tage vom 7. zum 17. Jänner 1584 anbefohlen wird. Aber auch dieses blieb in zahlreichen adressierten Exemplaren liegen, während es andererseits an viele Stände verschickt wurde. Vielleicht hatte man inzwischen eingesehen, dass von den Evangelischen keine Willfährigkeit mehr zu erwarten sei, und in der Tat weisen die Adressen meist auf protestantische Gebiete hin. Denn in den drei Monaten, die zwischen den beiden Ausschreibungen liegen, konnte man ja die Wirkungen des ersten beobachten, und diese waren wahrlich traurig genug. Den beiden Vettern des Kaisers in Graz und Innsbruck erwuchsen aus der Publikation des Kalenders, die sie im Oktober vorgenommen hatten, keine frohen Stunden. Karl hatte die heftigsten Kämpfe mit seinen Ständen durchzufechten [1] und Ferdinand entstanden wie früher aus dem neuen, nun aus dem alten Kalender Schwierigkeiten in seinen Vorlanden, namentlich gab es arge Streitigkeiten in Hagenau und Lindau.

In Ober- und Niederösterreich, wo man auf keinen offenen Widerstand stieß, war man doch so flau in der Haltung des Gebotes, dass es eines neuerlichen Patentes (vom 20./10. Jänner 1584) bedurfte. Noch viel schlimmer sah es im Reiche aus. So war es in Augsburg zu gefährlichen Händeln zwischen dem Rate und der evangelischen Bürgerschaft gekommen, die den Kaiser schließlich zum Einschreiten zwangen. [2]


1 Vgl. Zahn, Der Kalenderstreit in Steiermark. (Mitteilungen des hiBt.Ver. f. Steiermark. 1864.)
2 Die ausführlichste auf Akten des Augsburger Stadt-Archivs beruhende Erzählung des Augsburger Kalenderstreites findet sich in Paul von Stettens Geschichte der Stadt Augsburg (Frankf. und Leipz. 1743. Tom 1.) Ich behalte mir vor, eine Darstellung dieser für das damalige Städteleben interessanten Händel, für welche sich umfangreiches Material im Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchiv findet, zu geben.