[489]Die Polemik über die Gregorianische Kalenderreform.7

Inzwischen aber arbeitete ein Arzt in Süditalien — Aloisio Lilio [1] — 10 Jahre daran, einen Zyklus zu konstruieren, der möglichst dem alten adäquat, doch so viel verjüngende Kraft in sich selbst besitzt, auch für die kommenden Zeiten Gültigkeit zu haben. Es war dem Manne nicht beschieden, die Früchte seiner Arbeit reifen zu sehen; er hinterließ das fertige Manuskript seinem Bruder Antonio, der dasselbe bei der päpstlichen Kurie einreichte mit der Bitte, es prüfen zu lassen und das Privilegium zum Druck zu erteilen. Gregor XIII. legte die Arbeit gerade in Rom anwesenden Mathematikern vor, und unter ihnen war schon Clavius, der fortan die Seele des Unternehmens wurde; auch Vincentio Lauren wird uns namentlich angeführt.

Wir haben über diese Vorgänge sehr magere Nachrichten; selbst Pietro Maffei in seinen Annali di Gregorio XIII., [2] der über die Einführung des Kalenders in den einzelnen Ländern wertvolle Aufschlüsse gibt, berichtet über die Vorgänge in der Kommission sehr wenig. In derselben waren außer den beiden schon genannten Männern der Kardinal Sirlet, der nach Ranke [3] den größten Einfluss auf die Sache ausübte, dann der Spanier Ciaconius und Ignazio Danti; doch wissen wir nicht, ob dieselben gleich zu Anfang von Gregor berufen oder erst im Laufe der Jahre beigezogen wurden, als der Plan gereift war, auf Grund des Vorschlages Lilios den Kalender zu reformieren.


1 Über die Lebensumstände des Mannes besitzen wir äusserst spärliche Notizen. Selbst sein Geburtsort wird verschieden angegeben. Jedoch ist die Angabe des Kardinal Noris (Tratato sopra il cicle Ravennate) und Ricciolis (Almagestum Novum), dass er ein Veronese sei, nicht haltbar gegenüber Clavius (Romani Calendarii Explicatio) und Pietro Maffei (Annali di Gregorio XIII.), welche ihm Ziro in Kalabrien als Geburtsort zuweisen. Dem stimmen auch Neuere bei, so Tiraboschi (Storia d. letter. Ital. VII. 1. pag. 390) und die Biographie Universelle.
2 Pietro Maffei: Degli Annali di Gregorio XIII. dati in luce da Carlo Cocquelines. Rom 1742. Tom. II. pag. 270.
3 Ranke: Die Römischen Päpste I. 428. Dafür spricht auch, dass dem Kardinal mehrere anlässlich der Reform abgefasste; Schriften gewidmet wurden.